Filmbeschreibung:
Das Leben meinte es nicht gut mit Driss. Raubüberfälle und das Hausen mit seiner Großfamilie in dem Pariser Banlieue prägen den Alltag des aus Senegal stammenden Einwanderers. Um an sein Arbeitslosengeld zu kommen, muss der Vorbestrafte nachweisen, dass er auf Arbeitssuche ist. So kommt es, dass er eines Tages im Haus eines Mannes steht, mit dem es das Leben auch nicht gut meinte: Philippe. Philippe hat alles, von dem Driss Zeit seines Lebens nur träumen konnte. Vor der Villa mitten in Paris steht ein dicker Maserati. An den Wänden hängt moderne Kunst und eine sexy Haushälterin hat Philippe sowieso – der Mann atmet regelrecht Geld. Doch auch der ehemals erfolgreiche Unternehmer hat sein Päckchen zu tragen: Seit einem Paragliding-Unfall ist er vom dritten Halswirbel an abwärts gelähmt, das heißt er kann wenig mehr als den Kopf um zwei, drei Millimeter nach links oder rechts zu drehen. Für alles andere braucht er eine Pflegekraft – und genau dies ist der Grund wieso diese beiden armen Seelen – Driss und Philippe – plötzlich voreinander stehen. Obwohl Driss eigentlich gar nicht wirklich an einer Stelle interessiert ist, entscheidet er sich zur Probe einen Monat lang bei Philippe zu arbeiten. Dies ist der Beginn einer einzigartigen und bewegenden Freundschaft. Zum Trailer
Filmkritik:
Intouchables, die Unberührbaren, sind rechtlose Menschen. Noch heute werden die Nachfahren der indischen Ureinwohner im Hinduismus so genannt. Sie stehen außerhalb des indischen Kastensystems und sind somit „kastenlos“, sprich unberührbar. Diese Parias sind ausgeschlossen von kulturellen Veranstaltungen der Hindus, dürfen keine Tempel betreten, nur bestimmte Berufe ergreifen, nur untereinander heiraten und führen generell ein Dasein dicht am sozialen Tod. Diskriminierung, Ausgrenzung und Separation sind somit für rund ein Viertel der indischen Bevölkerung an der Tagesordnung. Doch auch in anderen Gesellschaftsformen und Religionen gibt es dieses Prinzip des Ausgeschlossenseins. Vor Augen führt uns dies das französische Regie-Duo Olivier Nakache und Éric Toledano mit ihrer Tragikkomödie Ziemlich beste Freunde, dessen Originaltitel bezeichnenderweise Intouchables ist. Ziemlich beste Freunde war im vergangenen Jahr so einer jener Filme, die niemand so wirklich auf dem Schirm hatte, der dann aber aus dem nichts für volle Kinosäle sorgte. Keine DVD-Hitliste und keine Kinocharts ließen den Film dann im Dezember aus. Unter die Top 5 schaffte es das Drama um den behinderten Millionär und seinen dunkelhäutigen Pfleger jedes Mal. Die Krönung wäre da eigentlich nur noch eine Oscar-Nominierung gewesen, doch die Academy zog es vor, den französischen Streifen außen vor zu lassen. Eine zumindest fragwürdige Entscheidung, hat Ziemlich beste Freunde doch nahezu alles, was ein großes Drama ausmacht, jedoch relativ wenig, was explizit mir zusagt.
Filme-Blog Wertung: 7/10
Die Geschichte ist natürlich durchaus bewegend – noch dazu, weil sie auf realen Begebenheiten und Personen basiert. Da treffen sich zwei Menschen aus völlig unterschiedlichen Gesellschaftsebenen und haben direkt – aufgrund ihrer jeweils unkonventionellen Art – einen direkten Draht zueinander. Besonders reizvoll wird diese Begegnung aufgrund der Handicaps der beiden – während der eine, Philippe, unter einem körperlichen Gebrechen, seiner Querschnittslähmung, leidet, ist der andere – Driss – ein zu wenig sozialen Kontakten fähiger Einwanderer mit krimineller Vergangenheit. Daraus entspinnt sich eine tragisch komische und komisch tragische Geschichte. Herrlich unkonventionell (und im deutschen Kino nahezu undenkbar) beispielsweise die Szene als Driss dem Gelähmten Philippe eine Hitlerfrisur macht. Oder aber, als die beiden sich von einigen Prostituierten verwöhnen lassen. Da macht Ziemlich beste Freunde ziemlich viel Spaß, doch leider gibt es auch immer wieder Passagen, die weder durch ihren Humor, noch durch ihre tragische Komponente begeistern können. Während die beiden Hauptcharaktere mehr als stark besetzt sind – François Cluzet und Omar Sy machen ihren Job unglaublich gut – fallen die Nebenfiguren dann doch stark ab. Besonders Philippes Tochter und ihre Beziehung zu Vater und Pfleger bleiben mehr als blass und enttäuschen mit stark stereotypen Handlungsmustern. Das ist schade und riss mich ein ums andere Mal aus der an sich erhabenen Stimmung des Films. Jene Stimmung wird maßgeblich durch ein wunderbar warmes, fast schon magisches Szenenbild geschaffen. Da ist nichts zu sehen von jenem farbarmen Hollywood-Look, der zurzeit so angesagt ist. Im französischen Kino sieht die Welt noch so aus, wie sie eben manchmal aussieht, wenn trotz aller Strapazen und Probleme, alles irgendwie in Ordnung ist: Die Farben sind bunt, Lichtquellen erscheinen als kleine runde Kugeln. Fast schon verfremdet dieses Bild diese Geschichte, die so aus dem kleinen Leben gegriffen ist. Es entsteht eine ganz besondere Symbiose aus Bildsprache und Erzähltem: Ziemlich schön. Doch alles in allem plätschert Ziemlich beste Freunde über weite Strecken einfach so dahin. Klar es ist lustig, wenn der Rollstuhl getunt wird. Klar ist es traurig, wenn Philippe es nicht schafft, sich seiner Brieffreundin zu offenbaren und klar berührt einen das Schicksal der beiden. Allerdings lässt es einen auch genauso schnell wieder kalt, wenn die großen Wendungen des Films von den langweiligen Nebencharakteren eingeleitet werden. Seine große Berühmtheit hat Ziemlich beste Freunde wohl der leichten Konsumierbarkeit zu verdanken. Es ist ein Streifen, den man sich sowohl mit der Freundin, als auch mit den Eltern anschauen kann: alle werden ihn am Ende irgendwie gut gefunden haben. Der große Verdienst von Ziemlich beste Freunde ist, dass er einem ein ziemlich schweres Thema auf ziemlich luftig, lockere Weise näher bringt. Ein deutscher Film, der sich dem Thema Hautfarbe und Behinderung auf eine solche Weise nähert? Undenkbar. Allerdings gibt es durchaus andere kleine Meisterwerke, die es schaffen ein solch tragisches Thema mit Verve und Spaß zu erzählen. Allen voran seien hier Die Kunst des negativen Denkens oder Mary & Max – oder: schrumpfen Schafe wenn es regnet genannt. Diese beiden Filme hätten den Hype, den Ziemlich beste Freunde derzeit erfährt, um einiges mehr verdient gehabt.
Filmfazit:
Ziemlich beste Freunde ist ein ziemlich lustiger und ziemlich trauriger Film. Allerdings ist er auch ziemlich simpel gestrickt und ziemlich farblos, was die Nebencharaktere angeht.
Filmtrailer:
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