Der Soldat James Ryan (1998)

Filmbeschreibung:

6. Juni 1944. Die Invasion der Alliierten in der Normandie ist in vollem Gange. Mit einer gekoppelten Boden-Luft-Operation soll der so genannte D-Day, die Befreiung des von den Nazis besetzten Frankreichs einleiten. Etwa 1,5 Millionen amerikanischer und britischer Soldaten sollten an den folgenden Junitagen an Frankreichs Küste landen. Der Soldat James Ryan erzählt die halb-fiktionale Geschichte einiger von ihnen. Captain John Miller, der sich gerade noch in einem Landungsbootes befand und die Erstürmung eines Strandabschnittes nur knapp überlebte, soll mit einer handvoll seiner Männer, den Fallschirmjäger James Ryan mitten im Schlachtengetümmel Frankreichs aufspüren. Hintergrund: Alle drei von Ryans Brüdern sind im Krieg gefallen. Laut amerikanischem Gesetz ist somit für ihn der Krieg zu Ende. Miller begibt sich mit seinem Trupp auf eine regelrechte Odyssee durch ein fremdes Land, welches noch fest in Feindeshand ist. Neben den alltäglichen Kriegsgefahren, müssen die Soldaten auch die Zweifel am Sinn ihrer Mission besiegen. Zum Trailer

Filmkritik:

Was für ein Wahnsinn! Die ersten zwanzig Minuten von Steven Spielbergs Kriegsfilmklassiker Der Soldat James Ryan gehören wohl mit zum intensivsten, was das moderne Kino der 90er hervorgebracht hat. Spielbergs Interpretation des D-Day, genauer, der alliierten Landung am Omaha Beach, ist eine filmische Glanzleistung und rechtfertigt alleine schon die Wertung unter dieser Kritik. Während der kompletten Sequenz ist die Kamera ganz dicht bei den Soldaten. Der Zuschauer durchlebt mit ihnen einige der schrecklichsten und brutalsten Momente ihres Lebens, er leidet mit ihnen, teilweise stirbt er mit ihnen. In diesen atemberaubenden Minuten führt Regisseur Spielberg bereits die Protagonisten des Films ein. Unauffällig werden sie durch kurze Zwischenschnitte charakterisiert und erhalten Profil. Doch durch die Nähe der Kamera zu den (amerikanischen) Soldaten, verliert der Zuschauer nie die Übersicht über das große Ganze. Andreas Kilb von der Wochenzeitung „Die Zeit“ schrieb zu der furiosen Eröffnungssequenz von Der Soldat James Ryan: „War es so, das Sterben am Omaha Beach? So war es nicht! […] Aber viel näher als Spielberg wird man dem Geschehen am D-Day wohl nicht mehr kommen.“ Damit macht Kilb auf eine der größten Kontroversen um den Kriegsfilm Aufmerksam. Die Strandszene erscheint mit ihrem grobkörnigen Bild, der farbarmen Optik, der Detailgenauigkeit der Uniformen, Waffen, Ausrüstung usw., der Topographie, dem Leben und Sterben der Soldaten, der Mimik…einfach in allem so unglaublich realistisch, dass man das salzige blutig-rote Meerwasser nahezu auf den Lippen schmecken kann. Mit der Dokumentarfilmoptik schafft es Spielberg die perfekte Illusion zu erschaffen. Der Zuschauer denkt nach dem „Überleben“ der zwanzig Minuten zwangsläufig, er wüsste, was Krieg ist. Doch kann ein Film – und sei er auch noch so gut – das schaffen? Muss er nicht zwangsläufig an seiner Künstlichkeit und Kunsthaftigkeit scheitern? Was man dem Soldat James Ryan jedoch nicht absprechen kann, ist es, ein Gefühl für Krieg zu vermitteln. Doch sollte man bei aller Betroffenheit nicht Vergessen, dass man es hier mit Hollywood-esken Geschichts- und Historienbild zu tun hat. Doch genug zum größten Highlight des Films, denn auch die restlichen zwei Stunden fesseln den Zuschauer. Die Reise durch das vom Krieg zerrüttete Frankreich wird für Miller und seinen kleinen Trupp zu einer Odyssee, wahrlich tragischer Ausmaße. Freunde werden sterben, Bündnisse geschmiedet und die Realität wird durch die Schrecken des Krieges eins ums andere Mal verzerrt. Ruhige, idyllische Passagen wechseln sich ab mit der Hölle des Kampfes. In einem zerbombten französischem  Städtchen lauschen die Kameraden gegen Ende des Films einer Chanson-Sängerin. Erinnerungen an zu Hause, an Freundinnen und Liebe, keimen auf. Doch es ist ein zu Hause, welches weit entfernt ist. Der Plattenspieler eiert, das Lied geht über in ein Pfeifen und Wummern – das Wummern eines deutschen Tiger-Panzers. Der Krieg ist wieder da; hat die Truppe wieder eingeholt, war nie wirklich weg.

Filme-Blog Wertung: 9/10

Sind neun Punkte für Spielbergs Der Soldat James Ryan gerechtfertigt? Ist es vielleicht ein Pünktchen zu viel? Manch einer mag sich vielleicht beschweren, dass der unverhohlene Hurra-Patriotismus des Films eine gründliche Abwertung verdient, doch damit würde man dem Film meiner Meinung nach Unrecht tun. Es gibt keinen, wirklich keinen Kriegsfilm, der ähnliches schafft, wie Der Soldat James Ryan. Das vermittelte Gefühl ist einmalig. Spielberg und Hanks haben versucht dieses Gefühl mit den Serien Band of Brothers und The Pacific zu kopieren. Geklappt hat es nicht. Clint Eastwood hat mit seinem Doppel-Feature Flag of our Fathers und Letters from Iwo Jima ähnliches versucht, und ist zwar nicht gescheitert, aber auf halber Strecke liegen geblieben. Die Vietnamkriegsfilmklassiker (Apocalypse Now, Platoon, Full Metal Jacket…) kann man ebenfalls nicht mit Spielbergs Reise in die letzten Jahre des Zweiten Weltkriegs vergleichen, verfolgen sie doch einen anderen Ansatz. Somit ist Der Soldat James Ryan einzigartig, in seiner Ästhetik, seiner Brillanz aber auch in seiner Brisanz und Problematik.

Filmfazit:

Ein filmisches Meisterwerk, welches man zugleich kontrovers und kritisch betrachten muss. Nichts desto trotz: Die ersten zwanzig Minuten gehören zum Pflichtprogramm für Filmfans und generelle alle.

Filmtrailer:

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4 Gedanken zu “Der Soldat James Ryan (1998)

  1. immer wieder habe ich von diesem film gehört, so oft, dass ich dachte ihn bereits gesehen zu haben, aber dann ist mir aufgefallen: das habe ich gar nicht – zumindest bis jetzt 🙂
    ein toller film mit fesselender story und atemberaubende darstellung (des krieges) – ich habe ja keine ahnung vom krieg (zum glück…), aber so ungefähr stelle ich ihn mir vor
    meiner meinung nach hat dieser film den schrecken eines krieges sehr gut wiedergegeben, was den empathie-faktor für mich zum größten teil ausmachte
    besonders dieses “menschliche”: die schwachheit, die verzweiflung, aber auch die hoffnung – einfach die angst vom tod und das klammern am leben, wurde hier sehr schön und nachvollziehbar dargestellt

    die besetzung war ganz okay – tom hanks als (quasi) hauptrolle war eine gute wahl, matt damon dagegen eher weniger, was glücklicherweise nicht ganz so schlimm war, da er nur einen geringen teil des films ausmachte, ebenso so wie vin diesel… (vin diesel passt für mich eher als “bad boy”, der auf der “guten” seite kämpft – außerdem passt er als hauptrolle eines films besser :p)
    generell jedoch war das auch von den nebencharakteren eine gute leistung, was durchaus zu dieser guten qualität des films beitrug

    zeitweise ist da auch schwarzer humor zu finden, den man jetzt mal nehmen kann, wie man will – persönlich find ich das jetzt nicht sonderlich schlimm, da dieser wirklich nur dezent und eben nur zeitweise rübergebracht wird (soll ja kein comedy sein)

    die hier bewerteten 9 sterne finde ich durchaus valide, da er mit anderen filmgiganten dieses genres wie etwa Tränen der Sonne und “black hawk down” durchaus mithalten kann (bei dem einen weniger, beim anderen mehr)

    persönliche bewertung: 8/10

    • “Der Soldat James Ryan” ist für mich quasi der Prototyp des modernen (Zweite Welt-)Kriegsfilms. Fast alles, was Hollywood in diesem Bezug nachgereicht hat, orientiert sich an ihm, so eben auch Black Hawk Down. Tränen der Sonne ist, vora llem, was die Optik und Kameraarbeit angeht, ähnlich.
      Auf die Besetzung bin ich weniger eingegangen. Hätte ich vlt. tun sollen; ich finde sie allesamt herausragend! Tom Hanks und Edward Burns sind göttlich, Matt Damon strengt sich an und Vin Diesel passt auch – war übrigens eine seiner ersten großen Hollywood-Rollen. Den Typ kannte man bis dato gar nicht 🙂
      Lustig auch: Schaue z.Z. “The Pacific” und muss sagen, dass man sich fast schon langweilt, weil sich Spielberg und Hanks hier eben wirklich selbst kopieren.

      • das ist wohl wahr, dass Tränen der Sonne und Soldat James Ryan sich ähnlich sind, nur finde ich, dass bei Tränen der Sonne die emotionen besser rüberkamen (nicht unbedingt vom hauptdarsteller, aber von allen drumherum), aber ansonsten nehmen sie sich wirklich nichts

        dass sich matt damon anstrengt ist wirklich zu sehen, und das ist es genau, was ihn unnatürlich wirken lässt meiner meinung nach
        da es vin diesels einer seiner ersten großen rollen war, kann man ihm dies ja nochmal verziehen 😉

  2. Die führende Hand von Regisseur Steven Spielberg als auch der herausragenden, nahezu poetischen Kameraarbeit von Janusz Kaminski ist es zu verdanken, dass “Der Soldat James Ryan” ein formidables Jahrhundertwerk, eine absolute Referenz seines Genres geworden ist. Und auch wenn die Schlachtsequenzen für manchen Zuschauer zu brutal und schonungslos sein mögen, wirkt dies dennoch zu keinem Zeitpunkt aufgesetzt und übertrieben, denn hier wird nur vor Auge geführt, was sich damals an jedem 06.Juni des Jahres 1944 an den Küsten der Normandie wirklich ereignete. Dieser Film soll nicht nur unterhalten, sondern das Publikum bewegen, mitfühlen lassen und zum Nachdenken animieren.

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